Herausforderung Medikamentenmangel
In der Schweiz ist die sichere Versorgung mit Arzneimitteln ein zentraler Pfeiler des Gesundheitssystems. Zunehmende Engpässe bei der Verfügbarkeit von Arzneimitteln beunruhigen die Bevölkerung und die Behörden.
Die neusten Zahlen der Meldestelle Heilmittel der wirtschaftlichen Landesversorgung (BWL) sind besorgniserregend. Sie belegen eine zunehmend angespannte Situation in der Arzneimittelversorgung der Schweiz. Mit 201 gemeldeten Versorgungsstörungen im letzten Jahr – einem Anstieg um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und einer steigenden Anzahl an Pflichtlagerbezügen wird deutlich, dass sich das Problem des Medikamentenmangels weiter verschärft.
Föderales System stösst an seine Grenzen
Es zeigt sich, dass das föderale System der Schweiz, in dem die Kantone wichtige Kompetenzen im Gesundheitswesen wahrnehmen, bei der Lösung von Medikamentenengpässen an seine Grenzen stösst. Die Komplexität der Problematik erfordert ein übergeordnetes, koordiniertes Vorgehen auf Bundesebene. Die Kantone sind diesen Entwicklungen zwar nicht wehrlos ausgesetzt, aber ihre Handlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Einerseits sind sie dafür verantwortlich, die medizinische Grundversorgung ihrer Bevölkerung zu gewährleisten. Andererseits sind sie auf eine zuverlässige Versorgung mit Medikamenten angewiesen, die im Aufgabenbereich des BWL und somit des Bundes liegt.
Globale Ursachen erfordern Massnahmen auf Bundesebene
Die Ursachen für die zunehmenden Engpässe sind vielschichtig und vorwiegend globaler Natur. Sie reichen von Abhängigkeiten von wenigen Produktionsstandorten über die Reduzierung privater Lagerbestände bis hin zu wirtschaftlichen Störungen und geopolitischen Ereignissen. Diese globalen Verflechtungen und die damit verbundenen Herausforderungen können nicht kantonal bewältigt werden.
Obwohl die Kantone bestimmte kurzfristige Massnahmen wie die Teilabgabe von Medikamenten lokal unterstützen können, müssen die Kernprobleme auf nationaler und internationaler Ebene angegangen werden. Der Bund ergreift dazu Massnahmen wie Ausbau von Pflichtlagern und Pflichtlagerbezüge, um eine gleichmässige Verteilung von knappen Medikamenten zu gewährleisten. Ausserdem soll eine neue Taskforce schnelle und langfristige Lösungen erarbeiten.
Die kantonalen Gesundheitssysteme sind in dieser Situation reaktiv. Sie sind auf Informationen, Koordination und Strategien angewiesen, die auf Bundesebene entwickelt und umgesetzt werden. Es bleibt eine gemeinschaftliche Aufgabe, die Versorgungssicherheit auf allen Ebenen zu stärken. Die Hauptlast der Lösungsfindung liegt jedoch beim Bund und der internationalen Gemeinschaft. Nur durch umfassende Zusammenarbeit sind die komplexen und grenzübergreifenden Herausforderungen des Medikamentenmangels effektiv zu lösen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das BWL prüfen derzeit einen Massnahmenkatalog, um die mittel- und langfristige Versorgung mit Arzneimitteln zu verbessern. Die Teilabgabe von Medikamenten wurde dabei aufgrund der Empfehlungen der gegründeten Taskforce bereits umgesetzt. Dadurch dürfen gewisse Arzneimittel, bei denen der Mangel sehr gross ist, nicht nur in der Originalpackung, sondern auch in kleineren Mengen abgegeben werden. Ungenutzte Restmengen können so vermieden werden.