Digitale Transformation in der Verwaltung vorantreiben: Zusammenarbeit stärken und rechtliche Grundlagen verankern

Die politischen Strukturen der Schweiz stellen eine Herausforderung dar, wenn es darum geht, die Prozesse in der Verwaltung zu digitalisieren. Wie kann diese Hürde gemeistert werden? Ständerat und ehemaliger Regierungsrat Benedikt Würth nahm dazu in einem Beitrag Stellung, der in der Jubiläumspublikation des Luzerner Managementforums von 2023 erschien. Benedikt Würth nennt auch Gründe, weshalb der Kanton St.Gallen bei E-Government-Dienstleistungen eine Vorreiterrolle innehat.

Benedikt Würth
Benedikt Würth - Ständerat

Die Digitalisierung hat in sämtlichen Wirtschafts- und Lebensbereichen Einzug gehalten; die Coronapandemie hat die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation und Zusammenarbeit nochmals vorangetrieben.

Gemeinsam Chancen nutzen und Risiken bewältigen
Der Monitoringbericht der Digitalen Verwaltung Schweiz (DVS) 2023 kommt zum Ergebnis, dass die Kantone bei den Digitalisierungsstrategien zwar weit fortgeschritten sind. Es bedarf nun aber verbindlicher Standards und rechtlicher Grundlagen für die digitale Verwaltung, da es an schweizweit geltenden Gesetzen fehlt. Das Zauberwort heisst Zusammenarbeit: Benedikt Würth betont, dass die Verwaltungen und Regierungen die Chancen der digitalen Transformation nur gemeinsam nutzen und die Risiken nur im Verbund der Staatsebenen bewältigen können. Wenn die verschiedenen Staatsebenen zusammenarbeiten, können sie die digitalen Lösungen gemeinsam umsetzen und Verwaltungsprozesse kundenfreundlicher gestalten. Die DVS stärkt diese Zusammenarbeit, indem sie die digitale Transformation koordiniert und gleichzeitig Mitsprache ermöglicht. In einem nächsten Schritt muss die DVS aber mehr Verbindlichkeit schaffen können, ein entsprechender Verfassungsartikel muss diskutiert werden.

Politisches System und Datensicherheit als Herausforderungen
Die Nachfrage nach Online-Diensten der Behörden übersteigt das aktuelle Angebot. Die Schweiz rangiert gemäss dem E-Government-EU-Benchmark 2022 auf den hinteren Plätzen und fällt als hoch technologisiertes Land hinter vergleichbare Staaten zurück. Die Schweiz ist horizontal von einer starken Departementalisierung geprägt und in vertikaler Hinsicht von unserm föderalen Selbstverständnis.  Nehmen die Entscheidungsträger in diesen Strukturen ihre Führungsverantwortung nicht wahr, entsteht leicht ein Silodenken, was für die digitale Transformation hinderlich ist. Zudem müssen die sensiblen Daten der öffentlichen Verwaltung besonders hohen Sicherheitsansprüchen genügen, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden zu bewahren. „Dazu braucht es Strukturen und eine Governance, die Verbindlichkeiten und Standards für digitale Lösungen setzen", so Benedikt Würth.

Kanton St.Gallen nimmt digitale Vorreiterrolle ein
Im Kanton St.Gallen koordiniert die selbständig-rechtliche Anstalt eGovernment St.Gallen digital. die Digitalisierungsvorhaben der St.Galler Gemeinden und des Kantons. Benedikt Würth hat am 9. Luzerner Management Forum im November 2022 die Organisation vorgestellt. Auf die Frage, welche Faktoren die Vorreiterrolle des Kantons begünstigt haben, führt Würth aus, dass im Kanton St.Gallen seit vierzig Jahren eine ausgeprägte Kultur der Zusammenarbeit der Gemeinden untereinander und mit dem Kanton bestehe. Für die digitale Transformation zentral seien zudem die organisationsübergreifenden Strukturen, die den Wandel hin zu digitalen Prozessen auch strategisch begleiten und fördern. Nur so geht digitale Transformation über den Einsatz von Technologien hinaus.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine inhaltliche Zusammenfassung des Artikels «Gestaltung der Zusammenarbeit in der öffentlichen Verwaltung zur erfolgreichen Umsetzung der digitalen Transformation», der in der Jubiläumspublikation des Luzerner Management Forums 2023 erschienen ist.