Adoptionen aus Sri Lanka aufarbeiten

Zwischen 1973 und 2002 wurden im Kanton St.Gallen über 80 Kinder aus Sri Lanka adoptiert. Dabei gab es Hinweise auf unrechtmässige Vorgänge sowie kommerzielle Adoptionen. Das Departement des Innern hat einen Forschungsbericht in Auftrag gegeben. Der im Jahr 2022 veröffentlichte Bericht zeigt, dass die St.Galler Behörden zwischen 1973 und 2002 gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten haben.

Für den Forschungsbericht wurden für jedes Adoptionsverfahren die Akten von Gemeinden und Kanton zu einem Dossier zusammengeführt. Anschliessend prüften die Forschenden zusammen mit weiteren Fachleuten, ob die damals geltenden Gesetze eingehalten worden waren.

Die Untersuchung zeigt: In keinem der untersuchten Dossiers ist dokumentiert, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Die damaligen Behörden liessen deutliche Hinweise auf kommerzielle Adoptionsvorgänge in Sri Lanka unbeachtet. Auch wurden fehlende oder widersprüchliche Angaben in den sri-lankischen Dokumenten ohne weitere Nachforschungen akzeptiert.

Die Regierung hat die Ergebnisse mit den Forschenden sowie mit der Betroffenenorganisation «Back to the Roots» diskutiert. Die Regierung möchte einen Beitrag zur Wiedergutmachung der Versäumnisse und Verfehlungen leisten. Diese Bemühungen unterstützen das Schwerpunktziel «Chancengerechtigkeit sicherstellen».

Präsentation der Ergebnisse des Berichts zu den Sri-Lanka-Adoptionen: Celin Fässler und Sarah Ramani Ineichen vom Verein Back to the Roots (sitzend) und Regierungsrätin Laura Bucher sowie die Historikerin Francesca Falk.
Präsentation der Ergebnisse des Berichts zu den Sri-Lanka-Adoptionen: Celin Fässler und Sarah Ramani Ineichen vom Verein Back to the Roots (sitzend) und Regierungsrätin Laura Bucher sowie die Historikerin Francesca Falk. Bild: Ennio Leanza, keystone

Unterstützung und Beratung der Betroffenen

Der Kanton will die Betroffenen weiter bei der Herkunftssuche unterstützen, wie dies seit 2019 bereits geschieht. Für die Forschungsarbeit wurden sämtliche gefundenen Akten in elektronischen Falldossiers zusammengefasst und dem Staatsarchiv abgeliefert. Das hilft den Betroffenen bei den Recherchen.

Neben dem Zugang zu Akten im Staatsarchiv ist die Beratung und Begleitung der Betroffenen wichtig. Diese wird vom Verein «Back to the Roots» gemäss seinem Betreuungskonzept erbracht. Im Jahr 2019 wurde der Verein über den Lotteriefonds des Kantons St.Gallen unterstützt. Mittlerweile beteiligt sich der Kanton finanziell an einer schweizweiten Leistungsvereinbarung mit dem Verein für die Jahre 2022–2024.

Trotz aller Bemühungen werden nicht sämtliche Betroffenen ihre Herkunft vollständig eruieren können, da viele Dokumente falsche Angaben enthalten. Eine Herkunftssuche ist damit fast unmöglich. Dennoch besteht seitens der Regierung die Hoffnung, dass der Kanton mit der Aufarbeitung, Anerkennung und Unterstützung zumindest einen kleinen Beitrag an die Wiedergutmachung leisten kann.

Hintergrundinfo: Bericht aus dem Jahr 2018 zeigt Praktiken der «Vermittlerin»

Federführend als Vermittlerin von Adoptivkindern aus Sri Lanka in Familien im Kanton St.Gallen war die im Jahr 1997 verstorbene Alice Honegger. Wie ein vorgelagerter Bericht zum Thema aus dem Jahr 2018 zeigt, wurden ihre Praktiken bereits in den 1980er-Jahren öffentlich kritisiert. Dennoch entzogen ihr die kantonalen Behörden die Bewilligung nur für einen kurzen Zeitraum.

Der Bericht der Historikerin Sabine Bitter aus dem Jahr 2018 ist im Internet abrufbar.

Der Forschungsbericht aus dem Jahr 2022 ist ebenfalls online verfügbar.