Liebe Leserinnen und Leser

Wir blicken auf ein bewegtes Jahr 2022 zurück. Bewegt im positiven Sinne, weil der Kanton St.Gallen wichtige Projekte angeschoben hat. Bewegt war es jedoch auch im negativen Sinne. Es war ein Jahr, in dem ein neuer Krieg in Europa ausgebrochen ist. Ein Jahr, in dem die Preise gestiegen sind. Ein Jahr, in dem sich unsere Lebensrealität veränderte.

Dass ich nach meinem Präsidialjahr, das am 31. Mai 2022 geendet hatte, erneut das Vorwort der Regierung an Sie richte, liegt daran, dass ich als Vizepräsident Regierungspräsident Fredy Fässler vertrete. Aufgrund seines Unfalls im Oktober 2022 fällt er bis auf Weiteres aus. Es freut mich zwar, die Funktionen des Regierungspräsidenten wieder wahrzunehmen. Noch lieber hätte ich aber, dass Regierungspräsident Fredy Fässler sein Amt schnell und in voller Gesundheit wieder antreten kann.

Sozialen Frieden sichern

Das Motto des Präsidialjahrs von Fredy Fässler lautet «Toleranz», was sehr aktuell ist. Die Menschen in einer freien Gesellschaft können nur in Frieden zusammenleben, wenn sie gleichzeitig ein hohes Mass an Toleranz gegenüber anderen Lebensformen aufbringen. Das Präsidialjahr 2022/2023 fokussiert somit auf das Thema «Sozialen Frieden sichern» der Schwerpunktplanung der Regierung 2021–2031.

So wurde der Anlass zum Thema «Teilhabe von geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern in unserem Alltag» in Kirchberg durchgeführt. Fredy Fässler besuchte am 23. September 2022 das «Respect Camp» in Gossau. Toleranz – so ein erstes Fazit – ist nur auf den ersten Blick ein vertrautes Wort. In den Diskussionen zeigte sich nämlich, dass jeder und jede etwas anderes unter Toleranz versteht.

Förderung einer attraktiven Ansiedlungs- und Standortpolitik

Das letzte Jahr hat uns auch in wirtschaftlicher Sicht zu einer neuen Realität geführt: steigende Preise, unterbrochene Lieferketten und eine drohende Energiemangellage. Trotzdem gibt es durchaus auch positive Aspekte. So war die Arbeitslosigkeit im Jahr 2022 so tief wie seit zehn Jahren nicht mehr. Zudem erlebt der Kanton St.Gallen seit Jahren eine hohe Anzahl von Firmengründungen, was für das attraktive Umfeld für Start-ups spricht.

Das war auch zu spüren am «START Summit», Europas grösster von Studierenden organisierter Konferenz für Unternehmertum und Technologie, welche ich am 24. März 2022 zusammen mit Regierungsrat Beat Tinner besuchte. Dort wurde diskutiert, wie eine noch bessere Vernetzung von Forschung und Start-ups gelingen kann, um innovative Lösungen markttauglich zu machen. Denn attraktive Rahmenbedingungen für Start-ups sind auch ein Ziel der Regierung und einer der Ansätze des neuen Standortförderungsprogramms 2023–2027. So wollen wir unseren Wirtschaftsstandort stärken.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Der Kanton St.Gallen sieht sich wie die ganze Schweiz einem Fachkräftemangel gegenüber. Eine langfristige Strategie, die ihn nicht nur bekämpft, sondern auch die Standortattraktivität verbessert und die Chancengerechtigkeit erhöht, soll die Förderung der Vereinbarkeit und Bereitstellung von Betreuungsangeboten darstellen. Die Regierung revidiert erstmals das Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung.

Neu will der Kanton zehn statt bisher fünf Millionen Franken jährlich für die familienergänzende Kinderbetreuung einsetzen. Der Kanton setzt damit in Abstimmung mit den Gemeinden zusätzliche Anreize zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Über die Grenzen denken

Die Regierung hat entsprechend ihrem Handlungsprinzip „Vernetzung und Kooperation“ auch die Beziehungen mit den Nachbarländern intensiviert. Unsere Nachbarinnen und Nachbarn sind vorwiegend Mitglieder der Europäischen Union (EU). Geregelte Beziehungen zur EU sowie auch zu unseren Nachbarländern sind von zentralem Interesse für die St.Galler Regierung, denn die Nachbarländer stellen wichtige Partner dar.

In der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit setzte der Kanton wichtige Impulse. So lancierte er die Regierungskommission Bodensee am 5. Mai 2022. Mit der Dialogplattform soll die regionale grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Bodenseeregion dank einer stärkeren Einbindung der Aussenministerien Deutschlands, Österreichs, des Fürstentums Liechtenstein und der Schweiz gestärkt werden.

Auch im Verkehrsbereich sind wir einen grossen Schritt vorwärtsgekommen. Seit Dezember 2021 fährt die erste grenzüberschreitende Dreiländer S-Bahn-Bodensee von Romanshorn via Bregenz nach Lindau. Unser Ziel ist es, dass diese Verbindung ab dem Jahr 2023 täglich angeboten wird. Der Kanton St.Gallen, das Fürstentum Liechtenstein und das Land Vorarlberg haben hierzu im Herbst 2022 eine Absichtserklärung unterzeichnet.

So erhoffe ich mir für das Jahr 2023, dass wir den Schwung der positiven Veränderung mitnehmen und gleichzeitig unseren Alltag und die künftigen Projekte wieder besser planen können.

Im Namen der Regierung danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz für den Kanton St.Gallen und wünsche allen ein gelungenes 2023!