Drohende Energiemangellage
Das Risiko einer Energiemangellage ist im Berichtsjahr stark gestiegen. Deshalb hat die Regierung den Fachstab «Energiemangel» wie auch den Teilstab «Verwaltung» unter der Führung des Kantonalen Führungsstabs eingesetzt und mit der Eventualplanung beauftragt.
Die Energieversorgung ist in der Schweiz grundsätzlich Sache der Wirtschaft. Ist die Wirtschaft nicht mehr in der Lage, einer Mangellage mit eigenen Mitteln zu begegnen, greift der Bund lenkend ein. Für die Vorbereitung und Durchführung von Bewirtschaftungsmassnahmen von Strom und Gas ist der Bund zuständig. Trotzdem muss sich der Kanton auf die Umsetzung und Begleitung möglicher Bewirtschaftungsmassnahmen vorbereiten. Dafür hat die Regierung mit RRB 2022/642 vom 30. August 2022 den Fachstab «Energiemangel» wie auch den Teilstab «Verwaltung» unter Leitung des Kantonalen Führungsstabs (KFS) eingesetzt.
Die Aufgaben des Kantons in einer Energiemangellage lassen sich in sieben Bereiche einteilen.
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Was ist eine Energiemangellage?
In einer Energiemangellage übersteigt die Nachfrage nach Strom, Gas und anderen Energieträgern wegen zu geringen Produktions-, Übertragungs- und Importkapazitäten während mehrerer Tage, Wochen oder Monate das zur Verfügung stehende Angebot. Im Unterschied zu einem Stromausfall (Blackout) ist Strom in einer Strommangellage verfügbar, allerdings in reduziertem Mass. Gemäss Bund stellt eine Strommangellage das grösste Risiko für die Schweiz dar.
Wenn sich eine Krise abzeichnet, diese aber noch nicht eingetreten ist, erfolgt zuerst ein Appell an die Bevölkerung, in bestimmen Bereichen weniger Energie zu verbrauchen. Tritt die Krise ein, erlässt der Bundesrat in einem zweiten Schritt Verordnungen. Diese können Verbrauchseinschränkungen und die Kontingentierung von Grossverbrauchern betreffen. Die Ultima Ratio sind Netzabschaltungen.
Eventualplanung des Kantons
Der Kanton hat bei der Definition der Massnahmen des Bundes und deren Anordnung keine aktive Rolle und wenig Möglichkeiten zur Mitwirkung. Hingegen kommt dem Kanton und den Gemeinden bei der Umsetzung der durch den Bund angeordneten Massnahmen und der Bewältigung von allfälligen Folgewirkungen in ihrem Zuständigkeitsbereich eine bedeutende Rolle zu. Die Aufgaben, die es vorzubereiten und unter Umständen umzusetzen gilt, können dabei verschiedenen Rollen zugeordnet werden: der Kanton als Energiebezüger und der Kanton als verantwortliche Behörde.
Bereits ab Anfang Mai 2022 hat sich der KFS zusammen mit der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG (SAK) an die Grossverbraucher der Wirtschaft sowie die Betreiber Kritischer Infrastrukturen gewendet. Sie wurden über die vorgesehenen Massnahmen des Bundes informiert und aufgefordert, ihre Vorbereitungen zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen einzuleiten.
Massnahmen in der kantonalen Verantwortung
Verwaltungsintern wurde die Umsetzung von Massnahmen überprüft, die aus den Lehren der Sicherheitsverbundsübung 2014 resultierten. Es wurden Einsatzkonzepte entwickelt, um die zentralen Prozesse für das Funktionieren des Alltags, die in der Verantwortung des Kantons liegen, bei Stromabschaltungen zu unterstützen. Diese sind geheim, da darin offengelegt wird, wo die verletzlichen Punkte dieser Prozesse liegen. Dabei wurden die Amtsstellen durch die Mitarbeitenden des Amtes für Militär und Zivilschutz unterstützt.
In den Sektoren des öffentlichen Lebens wie Gesundheit, Lebensmittelversorgung, Wasserversorgung und Entsorgungswesen, Sicherheit, öffentlicher Verkehr, Geldversorgung und Kommunikation wurde jeweils ein «Fiebermesser» installiert. Damit wurde überprüft, wo im Mangelfall seitens Kanton Massnahmen nötig wären.
Fachstab Energiemangel und Teilstab Verwaltung
Im Fachstab «Energiemangel» und Teilstab «Verwaltung» vertreten sind neben den Fachpersonen der Kantonalen Verwaltung die Gemeinden, die Wirtschaft sowie die Strom- und Gasversorgungsunternehmen. In zahlreichen Arbeitssitzungen unter Mitwirkung von Regierungsmitgliedern haben die Stäbe den Handlungsbedarf für die öffentliche Hand eruiert, die allfällige Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben vorbereitet, Sparempfehlungen wie auch Eventualplanungen für die Unterstützung der Kritischen Infrastrukturen erarbeitet und den Informationsaustausch mit der Wirtschaft intensiviert.
An einer Medienorientierung vom 21. September 2022 hat die Regierung gemeinsam mit Vertretern der Gemeinden, der Wirtschaft sowie der Energieversorger an die Bevölkerung appelliert, ab sofort Energie zu sparen und über die Arbeit des Fachstabs, die eigenen Sparbemühungen sowie mögliche künftige Einschränkungen orientiert.
Als Vorbild wie auch zur Unterstützung des Bundes hat der Kanton Energiesparmassnahmen umgesetzt. So wurden beispielsweise die Verwaltungsgebäude nur noch auf 19 bis 20 Grad beheizt.
Ernstfall angedacht
Das Funktionieren des Alltags der Bevölkerung muss auch bei längeren Energieunterbrüchen gewährleistet sein. Dies liegt zwar in erster Linie in den Händen der Wirtschaft beziehungsweise in der Eigenverantwortung der Einwohnerinnen und Einwohner, doch muss der Kanton bereit sein, diese im Notfall zu unterstützen – in der Kommunikation beispielsweise mit Notfalltreffpunkten.
Ein massgeblicher Schritt war in diesem Kontext auch die Erarbeitung eines Business Continuity Managements aller kantonalen Ämter. Damit wird gewährleistet, dass die wesentlichen Funktionen der Verwaltung auch bei Netzabschaltungen für einige Stunden weiter funktionieren.
Die Arbeit der beiden Stäbe wird andauern. Die kritischen Phasen der Energieversorgung sind einerseits der Spätwinter 2023, wenn die Stauseen leer sind, andererseits der nachfolgende Herbst und Winter, wenn es sich zeigt, wie die Wiederauffüllung der leeren Speicher von Gas und Wasser gelungen ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei Füllständen von 40 Prozent der Wassermenge in den Stauseen sowie in den vorhandenen Gasspeichern der Winter 2023/24 ebenfalls ohne Mangellage bewältigt werden kann.
Aufgrund der aktuellen Lage bildeten die Vorbereitungen auf eine Energiemangellage einen Schwerpunkt des letzten Jahres. Damit konnte das Sicherheits- und Justizdepartement auch wertvolle Erkenntnisse zum Schwerpunktziel 4: Chancengerechtigkeit sicherstellen / 28. Erstellung Bevölkerungsschutz-Strategie sammeln.