Modernes Beschaffungsrecht verankert

Der Kanton St.Gallen hat im Jahr 2022 die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um in der ersten Jahreshälfte 2023 der totalrevidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen beitreten zu können. Die Vereinbarung modernisiert das öffentliche Beschaffungswesen der Kantone und harmonisiert es mit dem Bundesrecht.

Die totalrevidierte Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB 2019) regelt, wie der Kanton und die Gemeinden öffentliche Aufträge vergeben, also wie sie Güter, Dienstleistungen und Bauten einkaufen. Sie wurde im Jahr 2019 von der Bau-, Planungs-und Umweltdirektoren-Konferenz als interkantonales Organ für das öffentliche Beschaffungswesen einstimmig verabschiedet.

Sie wurde von Fachleuten der Kantone und des Bundes zusammen mit dem weitgehend gleichlautenden neuen Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) erarbeitet, welches das Bundesparlament am 21. Juni 2019 einstimmig angenommen hat und am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. BöB und IVöB 2019 dienen der Umsetzung des im Jahr 2012 totalrevidierten Übereinkommens der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement [GPA 2012]).

Mit der vom Bundesparlament im Juni 2019 beschlossenen Ratifizierung des GPA 2012 wurden auch die Kantone zu dessen Umsetzung im öffentlichen Beschaffungsrecht verpflichtet. Die IVöB 2019 regelt das öffentliche Beschaffungsrecht neu umfassend, weshalb eine eigene materielle Regelung auf kantonaler Ebene hinfällig wird. Der Spielraum für eigene Regelungen beschränkt sich auf gewisse Vollzugs- und Ausführungsbestimmungen.

Die IVöB 2019 führt zwar zu keiner grundlegenden Änderung des öffentlichen Beschaffungswesens. Sie bringt aber sowohl für die Beschaffungsstellen als auch für die Anbieter diverse Vorteile mit sich. Neben der Rechtsvereinheitlichung verfolgt sie auch politische Ziele, nämlich die stärkere Berücksichtigung der ökologischen, sozialen und (volks-)wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bei öffentlichen Aufträgen und die Stärkung des Qualitätswettbewerbs gegenüber dem Preiswettbewerb. Zudem führt die IVöB 2019 neue Beschaffungsmethoden ein und macht es einfacher, Anbieter, die unzuverlässig arbeiten oder sich nicht an Vorschriften halten, auszuschliessen. Das fördert einen fairen Wettbewerb. Das Beschaffungsverfahren und die Schwellenwerte bleiben unverändert bei 150'000 Franken – abgesehen von einer Anhebung des Schwellenwerts für das freihändige Verfahren bei Lieferungen. 

Die Arbeiten zur Anpassung des öffentlichen Beschaffungswesens bildeten einen Schwerpunkt des letzten Jahres, mit dem das Finanzdepartement das Schwerpunktziel für eine zukunftsorientierte Verwaltung unterstützte.