Vereinbarkeit ausbauen und optimieren
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Schlüsselfaktor für die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter. In zwei Stufen soll das Kita-Fördersystem im Kanton St.Gallen erweitert werden.
Ein wichtiges Mittel, um die Vereinbarkeit zu fördern, ist ein breit gefächertes familien- und schulergänzendes Kinderbetreuungsangebot. Dieses soll der Nachfrage gerecht werden, eine gute Qualität bieten und finanziell tragbar sein. Das Departement des Innern hat Ende 2022 einen ersten Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung in die Vernehmlassung gegeben.
Damit sollen die kantonalen Fördermittel von 5 auf 10 Millionen Franken erhöht werden. Die Erhöhung geht auf einen Auftrag des Kantonsrates im Rahmen der Beratung eines Berichts zur Ressourcenstärke des Kantons (40.21.02) zurück. Der Entwurf des Nachtrags ist Anfang 2023 dem Kantonsrat zugeleitet worden.
Diese Verdoppelung der kantonalen Beiträge ist ein wichtiges Zeichen für einen weiteren Ausbau des familien- und schulergänzenden Angebots im Kanton.
Weiterentwicklung des Fördersystems
Die Erfahrungen aus der Umsetzung des Gesetzes zeigen, dass das heutige Finanzierungs- und Fördersystem einige Schwachstellen aufweist. Einerseits sind die Prozesse zum Teil aufwendig. Anderseits werden die Kantonsbeiträge sehr unterschiedlich eingesetzt, wodurch nicht alle Eltern im selben Mass profitieren.
Diese Mängel will das Departement des Innern mit einer Weiterentwicklung des Finanzierungssystems beheben. Dafür sind umfangreiche Vorarbeiten nötig. Deshalb wird dies in einem zweiten Gesetzesnachtrag erfolgen. Das Departement des Innern ist derzeit daran, ein entsprechendes Projekt aufzugleisen.
Finanzierungsanteile familienergänzende Kinderbetreuung (Betriebskosten Kindertagesstätten)
Quelle: INFRAS Bericht Monitoring familien- und schulergänzendes Betreuungsangebot im Kanton St.Gallen (2021), S. 8, abrufbar auf sg.ch.
Gesetzliche Anpassungen und Sensibilisierung
Im Jahr 2022 wurde der XXV. Nachtrag zum Volksschulgesetz (22.22.08) verabschiedet. Damit werden die Schulträger verpflichtet, ab August 2024 bedarfsgerecht eine schulergänzende Betreuung bereitzustellen. Darüber hinaus hat das Departement des Innern im Jahr 2022 zusammen mit Gemeinden und Schulträgern begonnen, einen weiteren Auftrag des Kantonsrats umzusetzen. Dieser fordert die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, damit die Gemeinden besorgt sind, eine bedarfsgerechte, ganzheitliche und qualitativ adäquate frühe Förderung bereitzustellen.
Zusätzlich zu diesen Arbeiten auf Gesetzesstufe sind der Austausch und die Sensibilisierung für die Thematik wichtige Erfolgsfaktoren. Mit dem «Runden Tisch Vereinbarkeit» bringt das Departement des Innern Beteiligte von staatlicher und privater Seite zusammen, um Entwicklungen im Kanton gemeinsam zu gestalten und voranzutreiben. Im Jahr 2022 traf sich dieses Gremium zu zwei Sitzungen und diskutierte dabei unter anderem die Anpassungen des entsprechenden Gesetzes sowie weitere Bemühungen und regionale Best Practices zur Förderung der Vereinbarkeit.
Das Amt für Soziales im Departement des Innern hat damit zum Schwerpunktziel der Regierung «4.22. Förderung der Vereinbarkeit und Bereitstellung von Betreuungsangeboten» beigetragen.
Im gesamten Kanton St.Gallen liegt der Versorgungsgrad im Vorschulbereich bei 8 Prozent. Das bedeutet, dass für 8 von 100 Kindern im Alter von 0 bis 4 Jahren ein Betreuungsplatz im Vorschulbereich zur Verfügung steht.
Übersicht Versorgungsgrad Familienergänzende Kinderbetreuung (Vorschulbereich) im Kanton St.Gallen
Versorgungsgrad familienergänzende Kinderbetreuung (Vorschulbereich) im Kanton St.Gallen abrufbar auf sg.ch unten
Interview mit Rahel Fenini, Co-Leiterin Abteilung Integration und Gleichstellung, Amt für Soziales
Rahel Fenini, was bedeutet Gleichstellung der Geschlechter im Berufsalltag?
Gleichstellung bedeutet, tatsächliche Wahlmöglichkeit zu haben – auch wenn es darum geht, das Engagement in Familie und Beruf untereinander aufzuteilen. Damit das gelingt, braucht es in erster Linie Massnahmen, die es Familien ermöglichen, ihr Familien- und Erwerbsmodell frei von strukturellen Zwängen und gängigen Rollenbildern zu wählen.
Wie wichtig ist dabei die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung?
Ein gut ausgebautes und finanziell tragbares System von familien- und schulergänzenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten ist eine der wichtigsten Massnahmen, wenn es um Vereinbarkeit und damit um die Gleichstellung geht. Darüber hinaus gilt es aber auch, die Lohngleichheit umzusetzen und flexible Arbeitsmodelle sowie ein interessantes Angebot an Teilzeitstellen auf allen Hierarchiestufen anzubieten. So wird eine familienfreundliche Personalpolitik geschaffen, die allen zugutekommt.
Davon sollen alle profitieren, also nicht nur die Frauen?
So ist es. Frauen sollen profitieren, weil sie ihre berufliche Tätigkeit nicht wegen des Kinderwunsches aufgeben müssen. Sie sollen nach der Familienphase einfacher und rascher ins Berufsleben zurückfinden und sich so nachhaltig ökonomisch absichern können. Männer sollen profitieren, weil sie mehr Verantwortung und eine aktivere Rolle in der Kindererziehung und der Hausarbeit übernehmen können. Und auch Arbeitgebende sollen profitieren, weil sich eine gelungene Vereinbarkeit positiv auf die Motivation, Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeitenden auswirkt.