Kriminellen auf den virtuellen Fersen

Cyberdelikte steigen weiter massiv an. Die Strafverfolgung ist bei Cyberdelikten vielfach sehr komplex. Bei gleichbleibenden Ressourcen des Kompetenzzentrums Cybercrime ist daher eine Triage der Cyberdelikte für eine effektive Strafverfolgung unumgänglich. Ein entsprechendes Projekt haben im Herbst 2022 die Staatsanwaltschaft und die Kantonspolizei gestartet.

Die digitale Kriminalität ist erstmals in der Polizeilichen Kriminalstatistik PKS 2021 ausgewiesen. Die PKS für das Jahr 2022 wird Ende März 2023 vorliegen; dementsprechend kann nachfolgend nur über die Trends im Jahr 2022 berichtet werden. Bei der digitalen Kriminalität geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Trends für das Jahr 2022 zeigen auf, dass sich diese Steigerung im aktuellen Jahr wie auch zukünftig insgesamt massiv verstärkt, insbesondere bei den sogenannten Übrigen Cyberdelikten.

Cyberdelikte Kanton St.Gallen 2020 bis Oktober 2022

Im Kanton St.Gallen erhöhten sich die angezeigten Straftaten um 15 Prozent von 1'535 (Jahr 2020) auf 1'771 Straftaten (Jahr 2021). Davon entfällt der grösste Teil auf Vermögensdelikte mit 1'040 Straftaten – eine Zunahme von 12 Prozent (Jahr 2021) im Vergleich zum Vorjahr. Bei den Vermögensdelikten ist eine grosse Anzahl der registrierten Delikte dem Bereich des Bestellungsbetrugs zuzuordnen. Es handelt sich hierbei vorwiegend um auf Onlineplattformen bestellten und nicht gelieferten oder nicht bezahlten Waren.

Weitere Formen zunehmender digitaler Vermögensdelikte sind der Missbrauch von Online-Zahlungssystemen mittels falscher Identität, der Online-Anlage- und Vorschussbetrug sowie der Romance Scam (Liebesbetrug). Übrige Cyberdelikte sind Fälle von Rufschädigung und unlauterem Verhalten sowie strafbare Handlungen im Bereich der unerlaubten Datenweitergabe und strafbare Handlungen im Darknet.

Kompetenzzentrum Cybercrime für eine effiziente Strafverfolgung

Die Abteilung IT-Forensik und Cybercrime der Kantonspolizei bildet zusammen mit der Cyber-Staatsanwältin und dem Cyber-Staatsanwalt das Kompetenzzentrum Cybercrime.
Die Abteilung IT-Forensik und Cybercrime der Kantonspolizei bildet zusammen mit der Cyber-Staatsanwältin und dem Cyber-Staatsanwalt das Kompetenzzentrum Cybercrime.

Im Kompetenzzentrum Cybercrime ist der Informations- und Wissensaustausch zwischen der Polizei und Staatsanwaltschaft unmittelbar, informell und dadurch zügig. Neue Fälle können die Fachleute schnell in Angriff nehmen. Während den Ermittlungen auftretende Probleme kann das Team sofort besprechen und Lösungen finden – seien diese technischer, ermittlungstaktischer oder juristischer Natur.

Im Jahr 2022 hat die Gruppe IFC 1 der Kantonspolizei 408 Fälle (Teil- und eigenständige Ermittlungen) bearbeitet. Dies im Vergleich zu 2021 mit 453 Fällen und 2020 mit 465 Fällen. Die reinen Fallzahlen sagen wenig über den tatsächlichen Aufwand aus. Die Fälle werden komplexer und umfangreicher, weshalb pro Fall ein deutlich grösserer Zeitaufwand resultiert.

Digitalisierte Kriminalität findet sich heute in beinahe allen klassischen Deliktsfeldern wieder. Es ist daher enorm wichtig, erkennen zu können, auf welche Weise Anzeigende zu Schaden gekommen sind. Bestenfalls lässt sich eine Schädigung durch eine frühzeitige Anzeige und fachkundige Bearbeitung durch die Kantonspolizei St.Gallen sogar verhindern.

Polizistinnen und Polizisten werden durch das Kompetenzzentrum Cybercrime insbesondere in den Bereichen Tatbestandserfassung, Rapportierung, Ermittlung und Fahndung durch Aus- und Weiterbildungen befähigt. Das Fachwissen der Staatsanwaltschaft wird im Hinblick auf eine nachhaltige Untersuchungsführung ausgebaut.

Bei den eigenständigen Ermittlungen handelt es sich mehrheitlich um komplexe Ransomware-Fälle. Die Supportfallzahlen bleiben trotz steigender Fallzahlen bei digitaler Kriminalität konstant, da mit Handlungsempfehlungen, internen Webinars und weiteren Schulungen das Wissen innerhalb der Kantonspolizei erweitert wird.

Fallzahlen Kompetenzzentrum Cybercrime (Kantonspolizei) 2019 - 2022

Projekt «Triage & Bearbeitung Cyberdelikte»

Verfahrensoptimierung
Symbolbild

Aufgrund der Zunahme angezeigter Delikte von digitaler Kriminalität ist es für die Polizei wie auch für die Staatsanwaltschaft bereits heute nicht mehr möglich, allen vorhandenen Ermittlungsansätzen zielgerichtet nachzugehen – zumal die Aufklärung schwierig ist. Gründe hierfür sind unter anderem Täterschaften aus dem Ausland und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Rechtshilfe, fehlende digitale Spuren oder die mangelhafte Kooperation von Geschädigten mit den Organen der Strafverfolgung.

Wegen der beschränkten Ressourcen auf Seiten Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft St.Gallen müssen diese bei Ermittlungen zielgerichtet eingesetzt und Delikte triagiert werden, damit eine sinnvolle Bearbeitung möglich ist. Die Kantonspolizei St.Gallen und die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen haben daher im Herbst 2022 das Projekt «Triage & Bearbeitung Cyberdelikte» lanciert. Der Fokus liegt dabei auf in der Schweiz wohnhaften Täterschaften, seriellen Zusammenhängen bei Massendelikten und schweren, meldepflichtigen Tatbeständen.

Die beiden involvierten Ämter wollen mit dem Projekt ein gemeinsames Verständnis zum Thema «Triage von Cyberdelikten» anhand gemeinsam festgelegter Kriterien erreichen. Es sollen Prozesse definiert werden, die einen effektiven und effizienten Einsatz aller Ressourcen ermöglichen. Zudem soll evaluiert werden, wo allenfalls organisatorische Anpassungen nötig sind. Ganz wichtig ist im Projekt auch, dass ein gesamtheitliches Konzept zur zielgerichteten Befähigung aller Mitarbeitenden bei der Bearbeitung von Delikten mit digitalen Tatmitteln (Cybercrime-Phänomene) hervorgebracht wird.Mit der Strafverfolgung von Cyber-Kriminalität erfüllt das Sicherheits- und Justizdepartement das Schwerpunktziel 2: Digitalen Wandel gestalten / Strategie 12. Schutz vor Cyberrisiken.