Hilfe zur Selbsthilfe
Die Peers der Staatsanwaltschaft St.Gallen besitzen eine spezielle Ausbildung in psychosozialer Nothilfe. Sie unterstützen ihre Berufskolleginnen und -kollegen bei der Bewältigung von potenziell traumatisierenden Situationen und beruflichen oder persönlichen Problemen. Nach belastenden Ereignissen nehmen sie mit den Betroffenen Kontakt auf und klären im Gespräch, ob diese eine Unterstützung benötigen. Wenn ja, helfen sie bei der Organisation einer Nachbetreuung. Sarah Beglinger, Staatsanwältin und Peer, und Angehörige des Peer-Supports der Staatsanwaltschaft St.Gallen geben einen Einblick.
Seit wann sind denn bei der Staatsanwaltschaft Hobby-Psychologen am Werk?, mag sich die eine oder der andere fragen, wenn nach einem aufreibenden Pikett-Einsatz jemand vom Peer-Support vor der Tür steht. Nun, wir sind weder Hobby- noch richtige Psychologinnen und Psychologen, sondern Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Darüber hinaus haben wir uns in psychosozialer Nothilfe, im Umgang mit Traumata sowie in Wahrnehmung und Kommunikation intensiv weitergebildet. Was uns ausserdem verbindet, ist unsere Motivation, unseren Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen in belastenden Situationen zur Seite zu stehen.
Als Peers setzen wir so früh wie möglich an: Wir bieten Betroffenen eine niederschwellige Soforthilfe auf kollegialer Basis an.
Schreckliche Ereignisse können belasten
Die Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft und speziell als Pikett-Staatsanwältin oder -Staatsanwalt ist mit Belastungen verschiedenster Art verbunden. Immer wieder werden wir mit schrecklichen Ereignissen konfrontiert, erleben persönliche Anfeindungen und stehen unter erheblichem Arbeitsdruck. Jeder einzelne dieser Faktoren, eine Kombination davon oder eine schwierige private Situation kann dazu führen, dass sich der Berufsalltag plötzlich nicht mehr ohne Weiteres bewältigen lässt.
Als Peers setzen wir so früh wie möglich an: Wir bieten Betroffenen eine niederschwellige Soforthilfe auf kollegialer Basis an. Niederschwellig insbesondere deshalb, weil der Peer-Support unter der Prämisse der absoluten Diskretion und Vertraulichkeit agiert. Wir nehmen aktiv mit möglichen Betroffenen Kontakt auf und erkundigen uns, wie es ihnen mit dem Erlebten geht und ob sie bei der psychischen Ereignisbewältigung Unterstützung benötigen. Wenn nicht, hat es damit sein Bewenden.
Als Peers haben wir stets ein offenes Ohr und eine offene Tür.
Der Kern der Peer-Tätigkeit
Der Umgang mit belastenden Ereignissen oder anderen schwierigen Situationen ist sehr individuell und abhängig von den vorhandenen persönlichen Ressourcen und Risikofaktoren. Das Eingestehen von Schwierigkeiten und die Auseinandersetzung mit ihnen sind klare Zeichen einer intakten Selbstfürsorge. Gerade im beruflichen Umfeld wird dies leider oft anders bewertet. Es hängt stark von der Betriebskultur ab. Mit unserem Peer-Angebot möchten wir unseren Kolleginnen und Kollegen unkompliziert, bedingungslos und unter dem Schild der Vertraulichkeit – auch gegenüber Vorgesetzten – zur Seite stehen. Über unsere Einsätze im Zusammenhang mit Pikett-Fällen hinaus möchten wir bei Bedarf alle Mitarbeitenden der Staatsanwaltschaft bei beruflichen oder auch privaten Problemen unterstützen. Als Peers haben wir stets ein offenes Ohr und eine offene Tür.
Im Peer-Gespräch versuchen wir zunächst, die aktuelle Situation der betroffenen Person wertungsfrei aufzunehmen und ihr zu helfen, die möglichen physischen und psychischen Reaktionen auf das Geschehene einzuordnen (z.B. Wiedererinnerung, Schlafstörungen, Verhaltensänderungen). Ziel des Gesprächs ist das Wiedererlangen der psychischen Stabilität und der Kontrolle. Dazu versuchen wir, die Ressourcen der betroffenen Person abzurufen und so ihre Selbstheilungskompetenzen zu stärken. In der Regel genügt dieser Austausch als Input und ist der Kern der Peer-Tätigkeit: Er soll der betroffenen Person als Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen, mit der Belastung gesund umzugehen und diese in ihrem Tempo zu verarbeiten. Sollte die Person weitergehende Unterstützung als notwendig erachten (z.B. Beizug einer Fachperson, einverständliche Information der Amtsleitung usw.), können wir ihr auf Wunsch dabei behilflich sein. Spätestens hier endet allerdings unser Wirken: Wir sind weder Case-Managerinnen noch Psychologen. Wir sind Peers.
Das Peer-Team der Staatsanwaltschaft St.Gallen
Hanspeter Küng, Staatsanwalt, Untersuchungsamt Altstätten
Sarah Beglinger, Staatsanwältin, Untersuchungsamt Uznach
Sandra Campi Scherrer, Staatsanwältin, Untersuchungsamt Gossau
Pascal Frei, Staatsanwalt, Untersuchungsamt St.Gallen