Umsetzung der Revision im Sexualstrafrecht – ein Paradigmenwechsel

Die Dauer und die Lautstärke der medialen Diskussion machen es deutlich: Die Revision des Sexualstrafrechts ist eine brennende Angelegenheit. Die kantonalen Strafverfolgungsbehörden stehen vor einem gewaltigen Paradigmenwechsel – vom reinen Schutz vor Gewalt hin zum Schutz des freien Willens in sexuellen Dingen (vgl. Pieth/Simmler, Strafrecht Besonderer Teil, 3. Auflage 2024) .

Der vom Gesetzgeber angestrebte gesellschaftliche Wandel muss sich in der künftigen Führung von Sexualstrafverfahren vollziehen. Inhaltlich betrifft er sowohl Hands-on-Delikte – etwa die Umsetzung von «Nein heisst Nein» – wie auch die Ergänzung um «digitale Tatbestände» wie die digitale sexuelle Belästigung. Jeder dieser Bereiche allein bringt neue Herausforderungen in der Beweisführung von Sexualstrafverfahren mit sich. Dieser wichtigen Entwicklung gilt es angemessen Rechnung zu tragen. 

Daher hat die Staatsanwaltschaft St.Gallen zusammen mit dem Kompetenzzentrum für Strafrecht und Kriminologie der Universität St.Gallen eine Weiterbildung entworfen, die auf die Bedürfnisse der Verfahrensleitungen zugeschnitten ist. Verteilt über das Jahr 2024 fanden mehrere Weiterbildungstage statt. Teilnehmende waren Staats- und Jugendanwältinnen und -anwälte aller Ostschweizer Staatsanwaltschaften. Im Rahmen dieser Weiterbildung vermittelte Strafrechtsprofessorin Monika Simmler die Grundlagen der Revision. In mehreren Workshops konnten die Teilnehmenden das Gehörte diskutieren und den Bogen zur künftigen Praxis schlagen. Die Leitung dieser Workshops übernahmen Praktikerinnen und Praktiker der Staats- und Jugendanwaltschaft St.Gallen, die sich bereits im Vorfeld intensiv mit der Thematik und möglichen praktischen Fragestellungen beschäftigt hatten. Die Weiterbildung stiess bei den Ostschweizer Staatsanwaltschaften auf grosses Interesse. Den Rückmeldungen war zu entnehmen, dass die Teilnehmenden insbesondere die Kombination von Theorie und Praxistransfer sowie den Austausch über die Kantonsgrenze hinaus schätzten.