Soziale Arbeit auf der Jugendanwaltschaft – Schutzmassnahmen im Fokus

Das Jugendstrafrecht basiert auf dem Grundsatz «Schutz und Erziehung» und beachtet dabei die Lebens- und Familienverhältnisse der Jugendlichen sowie deren Persönlichkeitsentwicklung in besonderer Weise. Es handelt sich um ein Täterstrafrecht, da in erster Linie die beschuldigte Person und nicht die ihr vorgeworfene Straftat im Fokus steht.

Die Hauptaufgaben des internen Sozialdienstes bestehen einerseits in der Abklärung der persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Jugendlichen, andererseits im Vollzug von Schutzmassnahmen und Strafen. Das Augenmerk wird im Folgenden auf die Schutzmassnahmen gelegt, da diese die Sozialarbeitenden tagtäglich intensiv beschäftigen.

In der Regel erfolgt bei schwerwiegenden Gewalt- und Sexualdelikten sowie Brandstiftung oder Tierquälerei eine umfassende Abklärung. Es sind jedoch auch andere Fallkonstellationen möglich, etwa aufgrund des jungen Alters, anhaltender Delinquenz oder von Hinweisen auf schwierige Lebensverhältnisse. Ist die Fallkonstellation klar, erhalten die Sozialarbeitenden von den Jugendanwältinnen und Jugendanwälten den Auftrag, die persönlichen Verhältnisse der Person differenziert abzuklären. Danach geben sie eine Empfehlung in Bezug auf Massnahmenbedürftigkeit und notwendige Schutzmassnahmen ab.

Bei Abklärungen – Kurz- und Vollverfahren – wenden die Sozialarbeitenden die Methodik KORJUS (Kompetenz- und Risikoorientierung in der Jugendstrafrechtspflege) an, die das Institut kompetenzhoch3 in Zürich entwickelt hat. KORJUS fokussiert auf Schutz- und Risikofaktoren der Jugendlichen. Das Gewaltrisiko wird je nach Fall strukturiert erhoben. Bei Bedarf können die Sozialarbeitenden zudem psychiatrische oder psychologische Gutachten heranziehen.

Nach vorsorglicher oder definitiver Anordnung der Schutzmassnahmen gleist der Sozialdienst diese entsprechend auf. Die zuständige Sozialarbeiterin oder der zuständige Sozialarbeiter führt die Massnahmen teilweise selbst durch oder übergibt sie an externe Arbeitspartner. Das Case Management liegt bei der Jugendanwaltschaft. Die empfohlenen Massnahmen orientieren sich an Grundsatzzielen, die den angestrebten Endzustand festhalten. Über den gesamten Massnahmenverlauf arbeiten die Sozialarbeitenden eng mit den zuständigen Jugendanwältinnen und Jugendanwälten zusammen.

 

Ziel: nicht mehr straffällig werden

Die Schutzmassnahmen umfassen sowohl ambulante als auch stationäre Angebote (u.a. Tagesstruktur, Therapie, ausserfamiliäre Unterbringung). Der Bedarf an Unterstützung ist ebenso individuell wie jede einzelne jugendliche Person und ihre Familie. Ziel aller Schutzmassnahmen ist immer, dass die Jugendlichen sich positiv entwickeln und nicht mehr oder möglichst nicht mehr straffällig werden.

Jugendliche und junge Erwachsene auf einem Teil ihres Lebenswegs zu begleiten, ist eine erfüllende und auch herausfordernde Arbeit. Die Unterstützung ist manchmal erwünscht und manchmal gilt es, dazu Motivations- und Kooperationsarbeit zu leisten. Es braucht Interesse an Menschen und ihren Lebenssituationen, Zeit, innovative Ideen und oft viel Geduld. Die Bemühungen lohnen sich – auf individueller wie auf gesellschaftlicher Ebene.